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Fundort Dachboden, Zustand 1993 / Foto: Franz Schachinger

1992
STANISLAV KOLÍBAL
Fundort Dachboden

Rauminstallation
Holz, Eisen, Aluminium, Thermoclear, Neonröhren
Kreisdurchmesser: 1040 cm
Entwurf 1990, Ausführung 1991−1992, 1993 werden Neonröhren ergänzt
Raum: Dachboden des Rundtrakts

Am Ende eines langen Erkundungsgangs durch das Schloß gelangte STANISLAV KOLÍBAL auf den Dachboden des halbkreisförmigen Südtrakts. Im Laufe der Jahrhunderte hatte sich dort durch das Summieren bautechnischer Eingriffe eine zufallsbestimmte Konfiguration ergeben, die eine verblüffende Ähnlichkeit mit [KOLÍBALs 1988 entwickelter] Werkgruppe der „Zeichnungen“ aufweist. Die in Buchberg vorgefundene „Zeichnung“ wird durch die halbkreisförmigen und rechteckigen Raumbegrenzungen des Dachbodenraums, durch sich kreuzende eiserne Schließen, durch einen mächtigen horizontalen und einen dünnen vertikalen Holzbalken sowie einen aus Ziegeln gemauerten Kamin bestimmt.


Über diese „Zeichnung“, gleichsam als Interpretation und in Aneignung der vorgefundenen Situation entwickelte KOLÍBAL das Modell für einen „Bau”. Die große kreisförmige Holzscheibe bezieht sich auf das Halbrund des Raumes; Quadrate, Rechtecke und Halbkreise leiten sich aus den Positionen der anderen Elemente ab, die durch Aluminiumprofile hervorgehobenen Linien zeichnen die durch die Bodenplatte verdeckten Schließen nach. Die Ursprungszeichnung hat er in keiner Weise verändert oder manipuliert, sie ist – wenn auch durch die Installation partiell verdeckt – vollständig erhalten.


Die kreisförmige Grundplatte des Buchberger „Baus” ruht auf einem zurückgesetzten Sockel, wodurch die Konstruktion über dem Boden zu schweben scheint. Aluminiumprofile liegen lose auf den vertikalen Unterteilungen auf; den vom Holzwurm zerfressenen Balken, der die Decke des darunter liegenden Raumes hält, ummanteln weiße Kunststoffplatten, den ziegelgemauerten Kamin hingegen Flächen aus Schwarzblech. Keines der vertikalen Elemente ist höher als 100 cm. Die Installation geht an keinem Punkt eine Verbindung mit den vorgefundenen Konstruktionselementen ein. KOLÍBAL hat darauf geachtet, dass der konzeptionelle Zusammenhang zwischen „Zeichnung“ und „Bau“ klar ablesbar ist, hat das Alte jedoch nicht in das Neue integriert, sondern eindeutig voneinander geschieden; dadurch erzielt er den Eindruck eines Schwebezustands zwischen Integration und Fremdheit. Diese Balance wird durch den Einsatz der unterschiedlichsten Materialien verstärkt: ihre Spannweite reicht von den roh gehobelten Holzbrettern der Trägerscheibe und schwarzem und rostrotem Eisen, die einen Bezug zu Elementen des Dachbodens herstellen. über Aluminiumblech und transparentem Kunststoff bis zur immateriellen Leichtigkeit bläulich strahlenden Neonlichts. Ein weiteres Charakteristikum besteht im Kontrast zwischen der Präzision der neuen Konstruktion und dem durch Alter und Verwitterung geprägten Zustand des Dachbodens: der zerbrochene Estrich des Fußbodens, der verwitterte Mörtel an den Wänden, das Jahrhunderte alte Dachgebälk etc. Die daraus resultierende Spannung zwischen geometrischer und informeller Formgebung ist nicht nur für die „Zeichnungen“ mit ihren prozessbedingten Korrekturen und Verwischungen charakteristisch, sondern stellt ein Grundthema in KOLÍBALs Schaffen dar.


(Überarbeiteter Auszug aus dem Text von Dieter Bogner in KOLÍBAL RAUMKONZEPT BUCHBERG XI, 1994)

Erstpräsentation im Rahmen des Buchberger Sommers 1992


www.stanislavkolibal.cz

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